Vegane Ernährung, Essstörung und Ahimsa

Mai 2007 134

Wir sind uns einig! DIE vegane Ernährung gibt es nicht, sondern Menschen, die sich vegan ernähren. Je nachdem, wie sie diese Kostform nach Ihrem Gusto und Verständnis interpretieren, so kommt es auch, dass das, was da gemacht wird, nicht in jedem Fall „gesund“ ist…

Es vergeht keine Woche, dass nicht ein sehr junger Mensch bei mir sitzt, weil sein „gesundes Essen“ zum Problem geworden ist.

Beispiele aus der Ernährungspraxis

Da ist der vollkommen abgemagerte 9-jährige Junge, der blass und leise sprechend mir erklärt, weshalb er sich vegan ernährt; Da ist die 12-jährige, die vollkommen abgemagert zu mir kommt. Sie hat in 6 Wochen 6kg abgenommen und nimmt weiter ab, so dass sich die Mutter große Sorgen macht. Da ist die junge Frau, die schwanger ist und in der Schwangerschaft vegan isst und bereits 6kg abgenommen (!) hat und noch immer glaubt, dass sie das „Richtige“ tut und da ist die erwachsene Frau, die in meine Praxis kommt, einen BMI von 13,5 hat, aussieht, wie eine lebende Leiche, eine Frau, der man über das Skelett nur noch die Haut gezogen hat, doch auch Sie ist der Überzeugung, dass Ihre Ernährung „gesund ist“. Sie möchte mit mir über „Knäckebrot“ sprechen und möchte mich von der „ungesunden Milch“ überzeugen. Ja, genau – Sie MICH (!).  Sie möchte mit mir diskutieren, ob der Mensch nun Fett in Form von Öl braucht oder es auch ohne geht und ob nicht doch die Hafermilch als Milch betrachtet werden kann, da sie doch mit Calcium angereichert ist.
Dass Sie längst ihre Menstruation nicht mehr hat, findet Sie hingegen nicht bedenklich.

Sie alle haben eines gemeinsam

Sie alle glauben, dass das, was Sie tun gesund ist.

Ihnen Allen ist AHIMSA, also die Gewaltlosigkeit gegenüber Mensch und Tier und deren Unversehrtheit sehr wichtig!

Sie sind Alles, aber KEINE echten Veganer, denn Sie essen eben nicht vegan, sondern noch restriktiver, riskanter und unvernünftiger! Sie toppen die Veganer, indem Sie es in ihren Augen NOCH perfekter machen wollen.
Das Prinzip der Unversehrtheit, der Gewaltlosigkeit, also AHIMSA haben Sie längst aus den Augen verloren, denn unversehrt sind sie selbst nicht!

Sicher ist: Eine echte vegane Ernährung sieht anders aus, als das, was diese jungen Menschen betreiben.

Sie essen quasi nur Obst, Gemüse und Getreide. Ihre Ernährung hat mehr mit derjenigen von Rohköstlern oder der Makrobiotik aber nicht einmal das, denn

> Diese jungen Menschen verzichten nicht nur auf alle tierischen Produkte, sondern ersetzen diese wichtigen Eiweißlieferanten nicht wie das Veganer tun, täglich durch Soja, Hülsenfrüchte, Nüsse.

> Auch Fett wird vom Speisenplan gestrichen. Weder wertvolle Öle wie Leinöl, Rapsöl oder Kokosfett werden konsumiert, noch „fette Avocado“ oder „fette Walnüsse“. Nicht einmal Leinsamen, Kokosnuss wird konsumiert, weil da das böse Fett drin ist…

> Sie nehmen kein B12 und auch keine anderen wichtigen Nährstoffe zu sich und glauben, dass sie das nicht brauchen, weil sie ja „gesund“ essen.

>und Sie essen nicht, bis Sie satt sind, sondern fürchten sich davor, die ganzen Kästchen auf der Pyramide abzuessen.

 

Ahimsa als Grundprinzip

Sie wollen keine tierischen Produkte essen, weil sie die armen Tiere beschützen wollen. Sie wollen niemandem etwas zu Leide tun. Sie streben das Grundprinzip der Gewaltlosigkeit (Ahimsa) an.

Im Hinduismus geht man davon aus, dass zwischen der Seele, die einen menschlichen Körper bewohnt, und der Seele eines Tieres dem Wesen nach kein Unterschied besteht. Daher schützt Ahimsa als bindende Verhaltensregel im Prinzip Tiere ebenso wie Menschen. Daraus wird die Unzulässigkeit von Jagd, Schlachtung und Fleischnahrung abgeleitet. Andererseits lässt jedoch das maßgebliche religiöse Schrifttum keinen Zweifel daran, dass in vedischer Zeit das Töten von Tieren und der Fleischverzehr üblich waren; solche Gewalt war damals unter bestimmten formalen Voraussetzungen aus religiöser Sicht erlaubt oder sogar geboten.(Wiki)

Auch im Buddismus ist Ahimsa nicht zwingend vegan. In den meisten buddhistischen Traditionen ist der Vegetarismus nicht vorgeschrieben. Mönche und Nonnen dürfen ebenso wie Laien Fleisch und Fisch essen, wenn sie davon ausgehen können, dass das Tier nicht eigens ihretwegen getötet wurde (Wiki).

Also worum geht es bei diesen jungen Menschen, die mehr von sich abverlangen, als das die vegane Ernährungsweise tut oder das Prinzip Ahimsa von Ihnen fordert?

Essstörung und extreme vegane Ernährung.
Was ist Huhn und was ist Ei?

Handelt es sich bei diesen Menschen um junge Leute mit Essstörungen, die sich jetzt auch noch mit veganer Ernährung zusätzlich in die Zerstörungsfalle manövrieren, oder sind es Veganer, die dadurch in eine gefährliche Essstörung rutschen? Eigentlich ist es gleichgültig, was Huhn und Ei ist, denn schädlich sind diese beiden Partner auf jeden Fall und sind weder vereinbar mit „Gesundheit“, noch mit Ahimsa, also Gewaltfreiheit. Sie führen nicht nur mit sich selbst einen „Krieg“, sie wenden gegenüber sich selbst Gewalt an, denn ihr Körper nimmt sichtbar Schaden!

Daher passen Essstörung und nicht perfekt durchdachte vegane Ernährung nicht zusammen, wenn es um Gesundheit geht. Betroffene laufen Gefahr schwerste Fehl- und Mangelernährungszustände zu bekommen. Die Liste von Nährstoffmangel ist groß!

Energiemangel (wer pro Woche 1 kg abnimmt, isst NICHT ausgewogen, sondern ist im Mangel…)

B12 Mangel! (Diese Jugendlichen nehmen KEINE B12 Präparate)

Eiweißmangel (echter!)

Essentielle Fettsäuren (Fett wird grundsätzlich abgelehnt)

Eisenmangel (Wissen um grüne Gemüse und Vitamin C lässt zu wünschen übrig)

Jodmangel (da auch keine Algen oder Jodsalz genommen wird)

Calciummangel (da noch nicht einmal Calciumhaltiges Wasser getrunken wird)

Magnesium, Zink, Vitamin D uvm.

 

Ohne zu wissen, was Huhn und Ei ist, muss ich sagen, dass vegane Ernährung in dieser Interpretation und Essstörung einander doch sehr ungünstig beeinflussen können:

  1. Mit einer veganen Ernährungsweise ist man sofort etwas „Besonderes“, jemand der sich um die Welt sorgt. Menschen mit Esstörungen möchten auch gesehen werden, etwas Besonderes und nicht banal und alltäglich sein.
  2. Der Wunsch ein besonders „guter Mensch“ zu werden, niemandem zu schaden auch das möchten sowohl Menschen, die extrem vegan leben, als auch Menschen mit Essstörungen. Ahimsa gilt bei der Kombination beider Ausprägungen aber offenbar nicht für sich selbst, sondern nur für andere, andere Menschen, Tiere und Lebewesen, so als ob der Betroffene selbst kein schützenswertes Lebewesen mehr sei…
  3. Vegane Ernährung verstärkt die Auseinandersetzung mit Essen und „gesunder Ernährung“. Dasselbe ist der Fall bei Essstörung, bis zu dem Punkt, an dem sich alles nur noch um nicht Essen, was essen, was nicht essen, wann essen, ob essen dreht…Und dann ist die ursprünglich praktizierte vegane Ernährung keine vegane Ernährung mehr, sondern etwas, was diesen Namen nicht mehr verdient und alles andere als gewaltlos ist.
  4. Flasch verstandene und praktizierte vegane Ernährung (wie oben beschrieben), Anorexie und Orthorexie machen zwar schlank – aber leider nicht auf eine gesunde Art, sondern durch extreme Fehl- und Mangelernährung. Während echte Veganer sehr gut über die Nährstoffe und ihre Quellen bescheid wissen, kümmert sich ein Extrem-Veganer mit gestörtem Essverhalten nicht um Nährstoffbilanz, sondern nur um Kalorien und Fettgehalte von Nahrungsmitteln.
  5. Eine Essstörung kann mit Hilfe einer veganen Ernährungsweise sehr gut über eine lange Zeit getarnt werden.

 

Seit 25 Jahren arbeite ich mit Menschen mit Anorexie, doch seit es Betroffene gibt, die sich auch noch exzessiv vegan ernähren, empfinde ich es schwieriger Menschen auf Ihrem Weg zu begleiten, denn die Bereitschaft, dort zu ersetzen, wo man auf Tiere verzichtet, dort zu ergänzen, wo natürliche Quellen versiegen, dort mehr VOLUMEN/Masse zu sich zu nehmen, wo eine ausreichende Energieaufnahme durch fehlende Eiweiß- und Fettquellen nicht mehr gewährleistet werden kann oder dort auf höhere Energiedichte zu setzen, wo dies mit Gemüse, Obst und Getreide einfach nicht mehr möglich ist….diese Bereitschaft zum umdenken sehe ich bei der Kombination von gestörtem Essverhalten und extremst praktizierter veganer Ernährung nicht.

Vegane Ernährung ist nur mit Köpfchen gesund

Um denjenigen den Gang in eine Klinik, zum Arzt oder einer Ernährungstherapie zu ersparen, die noch ganz am Anfang ihrer veganen Lebensweise sind, hier ein paar ganz einfache Regeln, damit Ahimsa auch für diejenigen selbst gilt, die ihre extreme Art sich vegan zu ernähren, noch immer „gesund“ nennen.

 

 

Natürlich gäbe es noch viel zu sagen

zu anderen Nährstoffen wie B12, Jod, Eisen uvm. zu notwendigen Supplementen oder Folgen von Nährstoffmangel. Natürlich gäbe es noch viel zu sagen über vegane Ernährung und/oder Essstörungen (Anorexie und Orthorexie),  doch soll das kein Informationsblog zu vernünftiger veganer Ernährung werden, denn ich bin kein Internet, sondern individuelle Beraterin – ein feiner Unterschied, denn bei mir stehen SIE und IHRE Ernährung im Zentrum und die ist und bleibt individuell….Was nun Huhn oder Ei ist, ist gleichgültig, denn letztendlich geht es nicht um Rechthaberei, sondern um Problemlösung.

Sie wünschen weitere Informationen, Details, rund um Ihre eigene Nährstoffversorgung?
Dann kann Ihnen nur eine individuelle Ernährungstherapie weiterhelfen, denn SIE sind einzigartig und IHRE Ernährungsweise ist IHRE persönliche Ernährungsweise und hat mit geschriebenen Informationen nichts zu tun.

Wir machen eine eingehende Analyse (Anamnese), eine persönliche Ernährungsdiagnostik und begleiten Sie dann auf Ihren je eigenen Weg zu mehr Wohl und Gesundheit – auch ohne Extrem-Veganismus….und ohne gestörtes Essverhalten.

Was Sie bei uns auch bekommen?

Schwarze Nüsse – eine vegane Delikatesse für diejenigen, die nicht immer Nüsse kauen und nicht immer Nüsse als Mus essen wollen…Es geht auch anders!
und natürlich Original-Rezepte für Humus, Guacamole, Tapenade und weitere vegane Aufstriche.

Auf bald, denn es ist nie zu spät, sich gesund UND ausgewogen UND mit Genuss und Köpfchen zu ernähren….