Übergewicht bei Kindern – Jedem seine Verantwortung

adipöseskindSven sitzt mit seiner Mutter in meinem Büro. Wie er mir sagt, sitzt er nicht freiwillig da, sondern wurde von seiner Mutter zur Beratung „verschleppt“. Er wäre viel lieber mit seinen Kollegen Fußball spielen gegangen. Sven ist am liebsten draußen und beim Essen kann nicht gesagt werden, er hätte ein „Auswahlproblem“. Als ich die Modelle heraushole, um mit Ihm eine genaue Anamnese zu machen, sagt er: „Die Ernährungspyramide kenne ich. Die hatten wir in der Schule. Ich weiß das schon alles.  Da bekommt man gesagt, was man essen soll, was gut ist und gesund. Aber das mache ich schon alles.

Sven isst nämlich alles, auch Gemüse und Rohkost, wie in der anschließenden Anamnese sehr schnell klar wird. Nur, wo liegt dann das Problem, denn Sven liegt weit über der 97. Perzentile, ist also laut Arzt adipös.

Er solle weniger essen und sich mehr bewegen, sagte unlängst der Arzt. Er solle das „Richtige“  essen, so lernte er in der Schule und er solle nicht heimlich essen und sich nicht 3 Teller hintereinander nehmen, meint die Mutter und ich müsse ihm das mal als „Außenstehender“ sagen.

 

Du sollst – oder die Tyrannei der gesunden Ernährungsbotschaften

Du sollst dies und sollst jenes lassen. Wir wissen, was für Dich gut und richtig ist. Du musst nur tun, was wir dir sagen und du verlierst Gewicht. Einfach nur vernünftig sein und das „Richtige“ tun und alles wird gut? Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt?

> Sven wird zur Beratung gezwungen.

> Sven kennt das „Du sollst“ Ernährungsmodell

> Sven kennt Erwachsene, die wissen, was das Problem ist und wie es zu lösen sei.

> Sven wird getadelt, wenn es nicht nach dem Willen von Erwachsenen geht.

Und was ist, wenn seine Adipositas überhaupt nicht zu lösen ist, mit einer „gesunden Ernährung“, weil diese Regeln a.) das Problem von Sven überhaupt nicht touchieren und b.) lernen ohne verstehen überhaupt nicht funktionieren kann? Dann sind Appelle an die Vernunft, Vorschriften, was gut und richtig ist, Ernährungsregeln und „Du sollst-Du musst-ich will“ Botschaften nichts weiter als verdeckte Tyrannei.

 

Von Selbstbestimmung, Freiwilligkeit und Verantwortlichkeit

1. Freiwilligkeit

Eine Beratung kann erst stattfinden, wenn Sven freiwillig dazu bereit ist. Dieses grundsätzliche Beratungsprinzip (nach Wunderlich und Tymister) ist die Grundvoraussetzung für eine gelingende Beratungsbeziehung ohne die jegliche Wirksamkeit von vorne herein sabotiert wird (Erfolgsfaktor „Relation“).

2. Selbstbestimmung

Bereits Maria Montessori wusste, dass lernen nur möglich ist, wenn der Mensch darin gestärkt wird, es alleine zu schaffen. „Hilf mir, es alleine zu tun“, ist der Satz, der noch heute Gültigkeit hat.

3. Verantwortung

Nur wem die Verantwortung für sein Handeln und nicht tun zugemutet wird, kann diese auch tragen und zu einem fürsorglich selbstbestimmten Menschen werden. Sven nützt es nichts, wenn ihm die Verantwortung abgenommen oder gar abgesprochen wird. Es nützt ihm nichts, wenn andere für ihn bestimmen und es dabei zwar gut meinen, aber nicht im Sinne von Selbstbestimmung auch gut machen.

Auch Sven kann Verantwortung für sein Essen übernehmen, wenn man ihn lässt und zulässt, dass er Schritt für Schritt lernt. 1.) seine Menge selbstbestimmt zu kontrollieren und 2.) ein tiefes Verständnis für seine Naschsucht zu entwickeln, dadurch, dass man ihm die volle Verantwortung für seine Gefühle und Stimmungen übergibt.

Statt dessen ist in vielen Familien die Not und Hilflosigkeit so groß, dass Eltern mehr und mehr die Tendenz haben, sich in die Verantwortlichkeiten des Kindes „einzumischen“ und Kinder, insbesondere nicht rebellische adipöse Kinder, jegliche Verantwortung für ihr Tun und unterlassen, anderen überlassen mit der Konsequenz sich immer weniger selbst zuzutrauen, immer weniger „laut“ aufzubegehren, sich immer mehr in die Entmutigungs-Ess-Schlaufe zu manövrieren.

Jedem seine Verantwortung

Folgende Regeln, was die Verantwortung von Kindern und Erwachsenen beim essen angelangt, sollten berücksichtigt werden, wohl wissend, dass das in der Regel in meinen Beratungen die „schwierigste Lernaufgabe“ ist.

 

9.Verantwortung beim Essen

Und Sven und sein Gewicht?

> Sven kam 3x freiwillig zu mir. Er hatte LUST selbst etwas zu ändern.

> Sven bekam Gefallen an den Pyramidenmodellen, weil ich sie ganz anders und ohne „du sollst“ eingesetzt habe. Er sagte: „So macht lernen wirklich Spaß und endlich habe ich verstanden, was das mit mir zu tun hat.“

> Sven bekam die volle Verantwortung für seine Lebensmittelauswahl und für die Essensmenge, sowie für seine Gefühle und Stimmungen.

> Die Eltern von Sven nahmen ihren Teil der Verantwortung ernster als vorher (Einkauf, Vorrat, Zubereitung) und erkannten den schwelenden GeschwisterNEID. Sie lernten auch dort, die Verantwortung für den Streit bei den Kindern zu lassen und sorgten dafür, dass der Älteste (Sven) mehr Freiräume bekam, als die jüngeren Geschwister.

Nach 3 Treffen mit Sven und einem Gespräch mit den Eltern ist ein neues, verantwortliches Gleichgewicht in der Familie entstanden. Sven wiegt 3 kg weniger und ist sehr stolz darauf, was er GANZ ALLEINE geschafft hat.

 

Sollten Sie auch Schwierigkeiten mit dem Gewicht ihrer Kinder haben, so zögern sie es nicht zu lange hinaus, sich Hilfe zu holen. Viele glauben noch irrtümlich daran, es wachse sich aus. Dem ist erfahrungsgemäß leider nicht so.

Gerne stehe ich Ihnen und Ihrer Familie jederzeit nach Vereinbarung, unterstützend zur Seite. Meine Leistung ist von den Kostenträgern anerkannt. Sie erstatten in den meisten Fällen einen Großteil der Kosten oder tragen im Einzelfall sogar die Kosten ganz. Sprechen Sie mit Ihrem Kundenberater. Von uns bekommen Sie entsprechende Formulare gerne zugesandt.

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